Im Oktober 2018 war ich für 10 Tage im Urlaub. Schon am 2. Tag habe ich registriert, dass ich vormittags die 2. Packung Prinzenrollen unbemerkt in mich hineingestopft hatte. Nachts bin ich hin und wieder aufgewacht, weil ich etwas Süsses gebraucht habe. Als mich mein Mann dann gefragt hat, wohin wir denn zu Mittag essen gehen würden, hatte ich keinen Hunger. Und das war es dann.
Von jetzt auf gleich habe ich einen Schlussstrich gezogen. Und zwar radikal, sehr radikal. Gleich am nächsten Morgen hatte ich eine gewaltige Grippe. So gewaltig, dass mein Vorhaben sich einfach so hat umsetzten lassen. Ich wollte ohnehin nichts essen. So starteten automatisch meine bisherigen 15 Monate ohne Industriezucker …
Diese Grippe hat dann einmal gute 6 Tage angehalten, ohne dass ich aufstehen konnte.
Ich habe kurz bevor ich wieder gesund genug zum Aufstehen war, angefangen Bücher über zuckerfreie Ernährung zu lesen.
Es wird beschrieben, dass es beim Verzicht auf Zucker so allerhand Nebenwirkungen gibt, wie Kopfschmerzen, Schwindel, Gereiztheit und Ähnliches, die nach 2 Wochen „Entzug“ wieder aufhören. Ob das so ist, kann ich nicht sagen, mir war ja sowieso so elend zumute und was daran schuld war, war mir einfach komplett egal!
Der erste Bann war also gebrochen. Jetzt hatte ich laut meinen Erkenntnissen aus der Ratgeberliteratur noch 7 Wochen vor mir. 7 Wochen in denen ich keinen Industriezucker, kein Obst, keinen Weizen, keine schnelle Kohlenhydrate, absolut nichts gegessen habe, was den Blutzucker rasch hinauftreibt.
Lest hier mehr über versteckte Zucker:
Mehr über meine #Zuckerfreichallenge könnt Ihr hier lesen:
Was also sollte ich essen?
Ich hatte ja schon ewige Zeiten nur Kekse und Schokolade gegessen und hin und wieder anderes. Klingt verrückt, wenn man weiss, wie gut ich kochen kann, aber bei der Arbeit hatte ich ja nie Zeit – DACHTE ICH! Heute weiss ich, dass ich mir die Zeit einfach nehmen muss und mir das wert sein muss.
Ich habe angefangen wieder Unmengen an Gemüse zu essen, etwas Fleisch und Fisch und sehr viele Nüsse. Und ich habe angefangen abzunehmen und abzunehmen und abzunehmen und abzunehmen. Im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass ich eine unbegleitete ketogene Diät gemacht habe. Das empfehle ich niemandem.
Ich habe ununterbrochen gegessen. Alle haben gesagt, dass das ja nicht sein kann, dass ich so dünn bin, weil ich ja ununterbrochen essen würde. Was sich diejenigen gedacht haben, die mich live erlebt haben? Vermutlich, dass ich alles wieder auskotze.
Nachdem ich 8 Wochen durchgehalten hatte war ich wirklich dürr wie ein Grashalm.

Ich habe dann wieder angefangen Obst zu essen. Gott war das süss für mich. Alles war so verdammt süss. Und ich konnte mit diesem Geschmack fürs erste nicht mehr viel anfangen. Das hat sich normalisiert. Heute schmeckt mir Obst ausgesprochen gut. Und ich esse jetzt so viel Obst, wie ich vorher gerne statt der Süssigkeiten gegessen hätte.
Was hat sich vom Wohlbefinden her verändert?
Zuerst einmal war ich für einige Wochen richtig euphorisch. Obwohl ich so dünn geworden war, war mir nie kalt und ich war auch nicht müder als sonst. Ich kann nicht behaupten, dass ich überhaupt nie müde war, das wäre gelogen. Und ich habe auch nicht von heute auf morgen ein unfehlbares Immunsystem entwickelt, so als ob es die Allheil-Lösung für all unsere gesundheitlichen Probleme wäre, keinen Zucker zu essen.
Ich habe nach 3 Monaten wieder eine sehr starke Grippe bekommen, zu Weihnachten/Silvester 2018/2019. Aber auch davon habe ich mich wieder erholt.
Am auffälligsten ist für mich, dass sich meine Regel normalisiert hat. Insgesamt fällt diese jetzt schwächer aus als früher und Schmerzen oder Krämpfe habe ich so gut wie nie.
Es wird berichtet, dass die Haut strahlender und glatter wird, wenn man keinen Zucker isst, ob das stimmt kann ich einfach nicht sagen. Ich bin gleich selbstkritisch geblieben, wenngleich mir Komplimente, die ich hin und wieder bekomme, Hoffnung machen, dass ich für mein Alter ganz gut aussehe.
Seit meiner letzten Grippe scheint sich meine allgemeine Abwehr etwas verbessert zu haben, wobei ich auch intensiv dabei bin, mein Leben insgesamt etwas zu entschleunigen. Ich bin mir sicher, dass Stress mindestens einen ebenso grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat, wie unsere Ernährung und unser Denken.

Wie sieht meine Ernährung jetzt aus?
Ich versuche mich sehr bewusst zu ernähren und trotz meines sehr unregelmässigen Tagesablaufes einen Rhythmus in meine Ernährung zu bringen. Ich fange erst mit dem Mittagessen an zu essen und esse dann am Abend nach Möglichkeit leichter.
Man hört immer wieder von Intervallfasten. Das ist etwas, was sich in meine Gewohnheiten eingeschlichen hat, ohne dass ich es geplant hatte. Ich habe nie gerne gefrühstückt. Immer nur Kaffee und Wasser. Mein Kaffee ist zwar nicht schwarz, aber ich trinke ihn mit einem „Tropfen“ Obers. Das kurbelt den Stoffwechsel und die Verdauungstätigkeit mit Sicherheit nicht an.
Und jetzt kommt die grosse Veränderung zu früher, als ich noch Zucker gegessen habe.
Ich habe zwischendurch “gesnackt” (immer etwas in sich hineinstopfen, die ganze Zeit Kleinigkeiten essen). Dieses Bedürfnis hat sich völlig aufgelöst. Ich esse zu den Malzeiten und zwischendurch selten. Wenn, dann maximal Obst oder Nüsse. Interessant dabei ist, dass es für mich keine Herausforderung ist. Diese Ernährungsweise fühlt sich endlich normal und natürlich an, ohne dass ich mich zu etwas zwingen muss oder auf etwas verzichten muss.
Mein allergrösster Vorteil ist, dass ich kein besonders grosses Bedürfnis habe, Brot zu essen. Ich mag Brot. Frisches Brot kann köstlich sein. Aber für mich ist kosten genug.
Zu den Mahlzeiten gibt es bei mir viel Gemüse. Wokgerichte, Gemüsepfannen, Ofengerichte, … Rein vom Geschmack (es schmeckt mir einfach) könnte ich schon täglich Fleisch oder Fisch essen. Aber ich versuche diesen Konsum auf zwei bis maximal drei mal pro Woche einzuschränken. Eine der wenigen Einschränkungen, die ich bewusst lenke. Wenn ich dann Fleisch oder Fisch konsumiere kaufe ich dieses fast immer aus Bioquellen. Bei meinen Caterings oder Grillkursen koste ich das Fleisch nur, ob es auch so perfekt geworden ist, wie es sein soll.
Wie genau nehme ich diese Ernährungsform?
Ich bin bei dieser Ernährungsform gelassen. Da ich mir den Zuckerkonsum abgewöhnt habe, habe ich einfach nicht mehr den Wunsch Zucker zu essen. Aber ich bin nicht militant. Ich esse normalerweise kein Brot, keine Pizza, keine Grissini, all diese Dinge gibt es in meinem täglichen Speiseplan nicht. Aber wenn ich dann einmal Lust auf eine Pizza bekomme, was so alle 2 Monate einmal vorkommt, dann esse ich sie.
Es gibt Leute, die auch aufgehört haben Zucker zu essen, die behaupten, man würde sofort den Zucker spüren oder danach Heisshunger bekommen, wenn man nur ein Gramm erwischt. Ich bemerke davon nichts. Wenn ich ausnahmsweise ein krosses Baguette essen möchte, dann esse ich es. Es schmeckt mir ja.
Ich betone aber: ausnahmsweise.
Ich belüge mich nicht selber und mache dann ständig Ausnahmen.
Ich esse auch keine Schokoriegl mehr. Ich mache Kuchen und Kekse mit Datteln und Energiekugeln. Ich esse viel Obst. Ich esse also Zucker, aber nicht in extrahierter Form. Ich backe nicht mit Kokosblütenzucker Agavendicksaft oder Dattelsirup. Ich nehme die Frucht zum Süssen, damit alles (die Vitamine, Mineralstoffe und Balaststoffe) mitverarbeitet werden.
Ich trinke keine Softdrinks (auch keine Lightvarianten mit künstlichen Süssungsmitteln).
Hier ein interessanter Artikel zum Thema Softdrinks:
Im Restaurant bestelle ich mir Gerichte, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass Zucker drinnen ist. Aber hin und wieder esse ich auch Sushi, obwohl mir klar ist, dass sie im Reis Zucker enthalten. In Spanien esse ich hin und wieder eine Empanada, auch wenn sie mit Weizenmehl gebacken wurde. Zu Hause mache ich sie dann mit Dinkelmehl selbst. All diese Sachen habe ich gerne und verbiete sie mir nicht. Aber ich esse sie einfach nicht täglich. Somit finde ich es leicht, mit der Ernährung zurecht zu kommen.
Ist es ein Verzicht für mich?
15 Monate ohne Industriezucker: Nein, Gott sei dank nicht. Ich habe nur sehr, sehr selten das Gefühl, dass es schön wäre irgendetwas zu essen, was ich früher so geliebt habe. In Frankreich wollte ich unbedingt ein Croissant aux Amandes. Ich habe es tatsächlich genommen. Und es war einfach nur grauenvoll süss und unessbar. Und so war es mit allem, was ich bisher wieder gekostet habe.
Wie mache ich es im Catering mit den Desserts? Koste ich diese bevor ich sie fertig mache?
Ja! Definitiv. Aber kosten ist nicht essen. Erstens habe ich über die 13 Jahre, die ich das mache (und die vielen Jahre davor, in denen ich auch schon gekocht habe) hunderte Rezepte entwickelt und gesammelt. Zweitens sind meine selbst hergestellten Desserts schon seit langem zuckerreduziert und Drittens weiss ich, wie es schmecken soll. Ausserdem arbeite ich ja nicht alleine und hole mir immer eine zweite Meinung ein.
Wie sieht es mit meiner Figur aus?
Meine Figur war immer schon schlank. Wenn ich sehe, wie alle meine Familienmitglieder aussehen, dann bleibt es ziemlich sicher so. Hin und wieder war ich auch schon sehr dünn. Aber ich habe mich auch nie der Völlerei hingegeben. Ich esse sehr ungern über meinen Hunger und mag es nicht, wenn ich zu voll bin. Mir wurde von Kind an beigebracht: Nimm lieber weniger, dafür nimm dir nach, wenn du noch hungrig bist.
Aussagen, wie:
- was du am Teller hast musst du aufessen
- wenn du dir das genommen hast musst du es essen (auch wenn es dir nicht schmeckt)
gab es bei uns zum Glück nie!
Es hiess eher:
- wenn du satt bist, dann hör auf zu essen, selbst wenn nur noch ein Bissen am Teller ist
- koste es, wenn es dir nicht schmeckt, musst du es nicht aufessen
- nimm wenig, dann bleibt auch nicht so viel übrig, wenn du satt bist.
Bei uns gab es immer Gemüse und Salat zum Essen, mal auch etwas ohne Fleisch (Vegetarisch: Gemüse und nicht Kaiserschmarren oder Marillenknödel, also etwas gesundes).
Somit stresse ich mich bis heute an keinem Buffet (am Buffet ist noch nie jemand verhungert). Ich habe keine Angst, Neues zu probieren (Maden kosten mich trotzdem Überwindung) und ich überesse mich fast nie.
Ob Veranlagung oder diese Angewohnheiten der Grund für meine schlanke Figur sind, kann ich nicht sagen.
Aber mit den Jahren des Süssigkeitenkonsums ist mein Bauchfett angewachsen. Das hat mich immer sehr gestört, weil man ja immer wieder liest, dass dieses Fett besonders ungesund ist. Meine Beine und Arme waren weiterhin so dünn, nur habe ich immer seltener Figurbetonte Oberteile getragen oder die Bluse nie in die Hose gesteckt. Meine Taille war immer die „Problemzone“.
Egal, was ich an Turnübungen probiert habe, die konnte ich nicht loswerden. Und diese Problemzone gehört nun der Geschichte an.
Ich spüre also eine Menge Verbesserungen, die aber alle keine Wunder sind. Ich habe noch immer Neurodermitis (mal mehr, mal weniger) aber die heisst ja auch Neurodermitis und nicht Zuckerkrankheit. Ich bin mir Sicher, wenn ich meine Work-Live-Balance gefunden habe, dann ist diese auch weg. Ich könnte noch sehr viel darüber schreiben, was ich alles glaube, über mich und meinen Körper.
Ich bin mir sicher, dass wir alle Krankheiten, die wir im Leben erleben oder durchleben müssen (aus welchen Gründen das auch immer so ist) überwinden können und unser Körper heilen kann, sofern wir erkennen welche „körperliche“ oder „geistige“ Gewohnheit wir dafür ändern müssen. Wenn wir immer alles beim Alten belassen und auf Veränderung hoffen, oder glauben, dass ein anderer (ein Arzt oder Heiler) es schon richten wird, kann es keine dauerhafte Besserung geben. Diese Menschen sind dazu da, uns zu unterstützen und uns zu helfen, aber sie können unsere Gewohnheiten eben nicht ändern.
Meine wichtigste Erkenntnis aus meiner Ernährung ohne Zucker ist, dass wir auf uns und unseren Körper hören sollten, wenn wir merken, dass uns etwas schadet. Wir dürfen uns dann einfach nicht der Bequemlichkeit hingeben. Aufgehört habe ich ja nicht, weil es mir irgendwer empfohlen hat – ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass es Bücher zu diesem Thema gibt, denn ich hatte mich ja noch nie damit beschäftigt. Aufgehört habe ich, weil ich gespürt habe, dass es mir schadet.
Drei Dinge möchte ich euch noch nahe legen:
- Habt Selbstvertrauen und hört auf Euren Körper
- Lasst euch nicht von Menschen beeinflussen, die neidisch sind, weil Ihr etwas geschafft habt, was sie nicht geschafft haben (die meisten sehen nur das Ergebnis und nicht der steinigen Weg)
- Bleibt euch treu und hört nicht auf, Veränderungen als Herausforderung und Chance zu akzeptieren. Dann bleibt das Leben spannender und kann sich immer zum Besseren wenden.
Ich hoffe ich konnte einigen mit meinen Worten Mut machen. Ich möchte niemandem vormachen, ich sei perfekt oder wüsste alles. Ich kann nur von meinen Erfahrungen berichten, und von meinen Motiven, weshalb ich auf Zucker verzichte. Da ich eine Koch- und Grillschule habe, kann ich mein Wissen auch praktisch weitergeben. Ich zeige, wie man versteckten Zucker umgehen kann und selber ohne Industriezucker süssen kann.
Nach 15 Monate ohne Industriezucker

Wenn Ihr meine vorhergehenden Artikel zum Thema Zucker lest, dann versteht Ihr, wie komplex dieses Thema ist.
Ich werde natürlich auch weiterhin über meine Erfahrungen berichten. Spätestens dann, sollte ich mit 50 aussehen wie 30!
Hey! Toller Artikel! Danke für das zusammen tragen der Infos! weiter so! Gruss Kim
Liebe Kim,
Vielen Dank! Wie ich sehe, beschäftigst du dich mit einem ähnlichen Thema!
Alles Liebe Yulia